Wir möchten eine «offene» Beziehung: Wie gehen wir vor?


Beziehungen Ich und mein Mann sind 15 Jahre zusammen, haben zwei Teenagerkinder und eine innige, freundschaftliche Beziehung. Unser Sex ist okay, aber manchmal vermissen wir das Aufregende. Wir beide wollen Erotik mit anderen ausprobieren. Wie gehen wir vor? Und wie verhindern wir auch, dass sich jemand anderweitig verliebt?

28.11.2019 Luzerner Zeitung

David Siegenthaler

Eine Beziehung zu öffnen ist ein Spiel mit dem Feuer. Einerseits ist es aufregend, sich auf neue Personen einzulassen. Andererseits gibt es auch Risiken. Für eine offene Beziehung gilt es Spielregeln wie folgende zu definieren:

1. Wer kommt in Frage bzw. wer nicht? Ist zum Beispiel der gemeinsame Freundeskreis tabu? Das Alter kann auch eine Rolle. Ist der neue Sexpartner zum Beispiel deutlich jünger, kann dies das Selbstwertgefühl des festen Partners verletzen.

2. Soll es jeweils eine einmalige Erfahrung sein oder nicht? Oder darf dieselbe Person mehrmals getroffen werden,

wodurch eine Art Beziehungen entstehen könnte?

3. Wann und wo treffen Sie eine andere Person? Ist die Zeit für den Partner reserviert gewesen, kann das signalisieren: «Du bist nicht mehr die wichtigste Person für mich.» Nur schon Telefonieren mit jemand anderem kann heikel sein, wenn Sie gerade Zeit mit Ihrem Partner verbringen. Definieren Sie Zeiträume, die für beide stimmen. Auch Örtlichkeiten spielen eine Rolle. So könnte es sein, dass man die gemeinsame Wohnung vielleicht nicht dazu benutzen möchte.

4. Welche Sexualpraktiken konkret erlaubt sein sollen und welche nicht, ist für manche wichtig. So kann gerade Küssen etwas sein, das man mit anderen nicht gestatten will. Auch sollten Sie sich unbedingt Gedanken machen, wie Sie sich vor Ansteckungen schützen.

5. Besprechen Sie, was Sie einander erzählen wollen und was nicht. Und ob Fragen erlaubt sind. Das Gespräch

kann neue Ideen oder Fantasien in die Beziehung bringen. Aber es kann auch zu Konkurrenzdenken führen oder Ihren Partner verletzen.

Klare, übersichtliche Regeln bringen Ihnen mehr Sicherheit. Und sogar wenn Sie in einer monogamen Beziehung bleiben wollen, kann es Sinn machen, über Grenzen etwa im Kontext mit Flirten zu reden.

Sich nicht überreden lassen

Generell sollten Sie sich bewusst werden, warum Sie eine offene Beziehung wollen. Es kann sein, dass Ihre Beziehung langweilig ist und Ihr Partner Ihnen das nicht bieten kann, was Sie suchen. Wie etwa Anerkennung, Freiheit oder Abenteuer. Die Gefahr, sich in eine andere Person zu verlieben, besteht natürlich immer und ist umso grösser, je weniger Ihnen die eigene Beziehung insgesamt noch bedeutet. Eine offene Beziehung erfordert viel Reflexion und Stabilität der eigenen Person und des Paares. Wenn sich Probleme ergeben, muss man sich ihnen stellen. Achten Sie auf Ihre eigenen Gefühle. Lassen Sie sich nicht zu etwas überreden, wenn Sie kein gutes

Gefühl haben. Haben Sie jedoch alles geklärt und fühlen sich beide sicher, kann das Spiel mit dem Feuer Ihrem

Leben einen neuen abenteuerlichen Touch verleihen.

Kurzantwort

Eine offene Beziehung ist nur möglich, wenn man vorher bestimmte Regel definiert: Was ist erlaubt, mit wem, wo und wann? Je klarer die Regeln und je stabiler die eigene Beziehung, umso grösser ist die Chance, dass niemand verletzt wird. Oder sich anderweitig verliebt. So oder so bleibt es aber ein Risiko. (are)

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