Mein Mann sagt, ich würde ihm nicht richtig zuhören


Mein Mann wirft mir immer wieder vor, ich würde ihm nicht richtig zuhören. Ich will ihm helfen und gebe ihm regelmässig Ideen und Tipps, wie er seine Probleme lösen kann. Doch er ist nicht froh darüber, vielmehr wird er wütend und sagt, ich hätte ihm schon wieder nicht zugehört und verstehe ihn nicht. Was mache ich falsch?

09.01.2020, Luzerner Zeitung

David Siegenthaler

Wenn der eine Partner von einem Problem erzählt, kann man dies als Wunsch interpretieren, Hilfe zu bekommen. Doch mit dem Erteilen von Ratschlägen gehen Sie oft nicht auf das wahre Bedürfnis Ihres Partners ein. Es könnte dem Partner eher den Eindruck vermitteln, bevormundet zu werden. Wenn Sie in diese «Falle» hineintappen, sind Sie allerdings in bester Gesellschaft, weil es häufig passiert.

Seien Sie ein Nichtwisser

Um dies zu vermeiden, hilft es, wenn Sie zunächst bewusst eine nichtwissende Position einnehmen. Denn Ihr  Partner wünscht sich vermutlich einfach mal Zuwendung, einfühlsames Zuhören und eine Bestätigung seiner Situation. Wenn Sie zuhören, blenden Sie eigene Gedanken fürs Erste aus, und konzentrieren Sie sich auf das Gesagte. Schenken Sie dem Partner volle Aufmerksamkeit, versetzen Sie sich möglichst in ihn hinein. Hören Sie aktiv zu. Dazu gehört, das Wichtigste des Gehörten in eigenen Worten zu wiederholen, etwa: «Dein Chef hat dir also aufgetragen, alles bis zum Ende der Woche fertigzustellen?» Neben dem inhaltlichen Feedback kann auch das Gefühl benannt werden, zum Beispiel: «Dieser Termin ist zu knapp, was dich stresst und wütend macht?» Wiederholen mag simpel klingen, die Wirkung ist jedoch erheblich. Damit zeigen Sie Ihrem Partner, dass die Informationen bei Ihnen angekommen sind und Sie seine Situation nachvollziehen können. Und dies, ohne ihm den Raum für seine eigenen Gedanken und Gefühle wegzunehmen.

Klären und Weiterführen

Wenn Sie etwas nicht nachvollziehen können, fragen Sie ungeniert nach, etwa: «War das am gleichen Tag, als auch noch dein Arbeitskollege ausgefallen ist?» Und stellen Sie weiterführende Fragen: «Wie hat dein Chef reagiert, als du ihm Ende Woche gesagt hast, dass Arbeiten noch nicht erledigt sind?» Fassen Sie das Gesagte dann zusammen: «Das heisst also, alles in allem war das eine ziemlich schwierige Woche für dich mit extrem viel Arbeit und ohne Unterstützung?»

Eine hilfreiche Spiegelung

Indem Sie das Wahrgenommene als Frage formulieren, bieten Sie Ihrem Partner an, Präzisierungen oder weitere Informationen zu liefern. Diese Form der Zuwendung baut Nähe auf. Oft hilft es, wenn uns im Gespräch quasi ein Spiegel vorgehalten wird, in welchem sich das von uns Gesagte und unsere Situation reflektiert. So können Informationen und Gefühle von unserem Gehirn besser verarbeitet werden. Das aktive Zuhören kann anfangs etwas ungewohnt wirken. Doch wie fast überall macht auch hier Übung den Meister. Richtiges Zuhören vermittelt dem Gegenüber das Gefühl, wertgeschätzt und als wichtig erachtet zu werde. Und erfüllt somit eines der wichtigsten sozialen Bedürfnisse.

Kurzantwort
Wenn jemand von einem Problem erzählt, will er meistens nicht gleich konkrete Ratschläge hören. Sondern sich verstanden fühlen und die Chance haben, im Schildern von sich aus einen Schritt weiterzukommen. Dies kann man durch aktives Zuhören unterstützen, etwa indem man das Gehörte summarisch wiederholt oder Fragen stellt.

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